SCHWEIZ 50 2023

Der ultimative Jahresbericht über die wertvollsten Marken in der Schweiz

Brand Finance SCHWEIZ 50 2023

Schokolade und Kaffee nähren die Schweiz. Nestlé vor Rolex und UBS im Markenwert.

Die Top Fünf Marken wachsen um 10% im Wert, aber da ist wenig Bewegung

Das Erhebungsjahr 2022 war geprägt von wenig Dynamik bei den eidgenössischen Markenwertentwicklungen. Es gibt keine Neueinsteiger und Aussteiger an der Spitze der schweizerischen Top 5 der wertvollsten Marken. Lediglich Rolex (10,18 Mrd. CHF) überholt in der Platzierung Roche (8,05 Mrd. CHF) und UBS (9,28 Mrd. CHF), und liegt nun hinter dem nach wie vor souveränen Platzhirschen Nestlé (21,31 Mrd. CHF). Die fünf Topmarken zeigen 10% Zuwachs zum Vorjahr, aber Rolex sorgte dabei für den Großteil des Wachstums mit einem für Schweizer Verhältnisse beachtlichen Zuwachs von 32%. Mit einem Markenwert von rund 7 Mrd. erlebt Zürich (7,03 Mrd. CHF) nur einen kleinen Zuwachs und reiht sich hinter Roche an dem 5. Platz ein.

Erst in den erweiterten Top 10 gibt es ein paar spürbare Änderungen. Swisscom (6,03 Mrd. CHF) stieg drei Plätze auf und liegt nun 1 Mrd. entfernt von der Top 5. Nescafé (5,71 Mrd. CHF) bleibt auf Platz 7 mit einem kleinen Rückgang des Markenwerts um 4%.

Neu unter den Top 10 ist Glencore (Markenwert 5,67 Mrd. CHF) mit einem großen Markenwertzuwachs von 27%. Das Rohstoffhandelsgeschäft profitierte stark von hohen Kohlepreisen. Gleichzeitig wurde investiert und der Bekanntheitsgrad der Marke erhöht, was die Markenstärke und damit den Markenwert verbesserte.

Swiss Re (5,55 Mrd. CHF) und Credit Suisse (5,35 Mrd. CHF) sind die hinteren Marken in den Top 10. Wichtig hierbei ist jedoch der Hineis, dass unsere jährlichen Erhebungen und Bewertungen und Ranking Ende 2022 erfolgten, also deutlich vor dem Credit Suisse Kollaps und der Bankenkrise. Darauf wir kommen jedoch später im Report.

Nestlé - ein Markengigant, aber nicht wirklich grün

Mit einem Markenwert um 21,3 Mrd. CHF ist die Corporate Brand Nestlé immer noch doppelt so wertvoll wie sein nächster Verfolger Rolex. Auch die syeparat erhobenen erfolgreichsten Nestle Produktmarken Nescafé (5,71 Mrd. CHF) und Nespresso (Platz 18, Markenwert: 2,72 Mrd. CHF) zeigen beständig erfolgreiche Platzierungen in der Brand Finanance Top 50 Rangliste. Die Nestlé Marken dominieren damit weiter den Kaffeesektor und gewinnen vor allem mehr Kunden in den USA durch ihre heimische Marken wie Seattle’s Best Coffee und Blue Bottle. Da viele Märkte hohe Inflationsraten erleben, fokussiert und profitiert Nestlé von den stabilen Images der Konsumgüter.

Trotz der Steigerung des Markenwerts und eines guten Geschäftsjahres ist Nestlé immer noch mit einer eher moderaten Wahrnehmung  in Bezug auf Nachhaltigkeit und Verantwortung konfrontiert. In dem neuen Brand Finance Sustainability Perceptions Index erhält die Marke eine Sustainability Perception Score (ein Maß dafür, wie nachhaltig Marken von Verbraucher und Stakeholder wahrgenommen werden) von gerade mal 4,1. Das Image des Unternehmens wird wohl immer noch geprägt von Wahrnehmungen als Produzent von Einwegverpackungen und ist kontrovers im Gespräch mit Themen wie unlautere Werbung und Zwangsarbeit. Das Management in Vevey wertschätzt jedoch zunehmend den Einfluss von Nachhaltigkeit auf das Markenimage: durch überzeugende Initiativen wie Nespresso-Kapseln aus Papier und ein erweitertes Angebot von pflanzlichen Produkten versuchen sie, das Image der Marke zu verbessern.

Luxusmarken zeigen ein Post-COVID Comeback

Zweiter Sieger in Bezug auf Markenwert, aber auch Markenstärke ist der traditionsreiche und weltweit sehr bekannte Luxusuhrenhersteller Rolex. Dank einer Steigerung der Nachfrage in wichtigen Märkten wie in den USA und UK stieg der Markenwert von Rolex im Vergleich zum Vorjahr um beachtliche 32% an. Trotz Preiserhöhungen stiegen die Einnahmen im Jahr 2022 auf ein neues Höchstniveau. Sogar trotz der Volatilität einer Rezession besitzt Rolex einen großen und belastbaren Kundenstamm, auf dessen Nachfrage Rolex trotz Marktturbulenzen zählen kann. Seine Tochtermarken wie die ehr exklusive Patek Philippe zeigten ebenfalls neuen Erfolg im vergangenen Jahr. Mit Börsenturbulenzen und einem enttäuschenden Jahr für Anleihen besteht offensichtlich ein Interesse daran, Rolex und Patek Philippe Luxusuhren auch als Vermögenswerte zu erwerben, was bestimmt ein Indikator für die Markenstärke ist.

Dieses Wachstumsphänomen ist nicht nur bei Rolex und Luxusuhrenherstellern der Fall. Laut Bain und Co. ist der Markt für Luxusmarken um 21% gestiegen. Obwohl Europa der Kernmarkt für Luxusgüter bleibt, nimmt die Zahl der Verbraucher in den USA und Märkten im Nahen Osten stetig zu. Wegen der strengen COVID-Politik des Landes war die Nachfrage in China, einer der wichtigsten Märkte für Luxusgüter, in den letzten 2 Jahren eingebrochen. Da China seine COVID-Politik lockert, sehen Analysten dort wieder mehr Erfolg für Luxusmarken in dem kommenden Jahr. Mit wichtigen einheimischen Marken wie TAG Heuer (2,51 Mrd. CHF), Omega (4,29 Mrd. CHF) und Jaeger-LeCoultre (1,42 Mrd. CHF) ist dies bestimmt eine gute Nachricht für die Schweizer Markenlandschaft.

Die schweizerischen Luxusmarken schaffen auch mehr Bewusstsein und Nachfrage bei jüngeren Verbrauchern der Generationen Y und Z. Die Marke Omega, dessen Markenwert im Vergleich zum Vorjahr um 17% stieg, erhalte viel Aufmerksamkeit von sowohl Millennials als auch Gen Z durch seine Zusammenarbeit mit Swatch (991 Mio. CHF). Die “Moon Swatch” zog Massen in die Swatch und Omega Stores. Trotz des höheren Bekanntheitsgrades besteht ein Problem für Luxusuhrenherstellern, weil viele junge Verbraucher es vorziehen, eher gebrauchte Markenuhren zu kaufen. Deshalb müssen die Luxusmarken immer wieder eine innovative Lösung finden, um junge Verbrauchergenerationen zum Kauf neuester Uhrenmodelle zu bewegen.

Brand Value nach Sektoren 2022-2023

Zum Vorjahr wuchs der Gesamtmarkenwert der schweizerischen Top 50 um 9,1% auf 158,95 Mrd. CHF. Das Sektorenmix nach Markenwertanteilen sieht fast gleich aus wie im letztjährigen Report. Das Bankwesen- und der Versicherungssektor verloren fast ein Prozent des Anteils am gesamten Top 50 Markenwert, während Marken wie Nespresso und Sunrise, die untere „Andere“ subsummiert stehen, mehr Anteile im letzten Jahr gewonnen. Nestlé sorgt dafür, dass der Lebensmittelsektor mit einem Anteil von rund 18% der wertvollste Sektor in der Schweiz bleibt.

Die Schweizer Bankenkrise: Ein neuer Riese entsteht aus der Asche

Nach Jahren von Skandalen und großen Verlusten löste initial eine Pressekonferenz der saudischen Nationalbank eine Welle von Befürchtungen über einen spektakulären Bankausfall aus. Damit wurde vorläufige Ende für die 167 Jahre alte Credit Suisse angestossen. Die Identität der Schweiz ist eng mit dem Image als sicheren und diskreter Hafens des Reichtums verbunden. Credit Suisse war als respektierte Finanz -Institution auch Teil dieses Images. Die Marke war ein wichtiger Akteur in der Wirtschaftsgeschichte und prägend für den ökonomischen Erfolg des Landes: die Bank, die die Eisenbahnen und wichtige Unternehmen des Landes wie Swiss Re finanzierte. Da mehr Regierungen nach der 2008 Finanzkrise höhere Transparenz im Banksektor forderten und Steuerhinterziehung stoppen wollten, gab es jährlich mehr und mehr Unstimmigkeiten und Skandale bei der geheimnisumwitterten Credit Suisse. Aufgrund wiederholter Affären wie Geldwäsche für japanische Banden und Anstiftung zur Korruption, die Schlagzeilen machten und zu einem massiven Vertrauenslust bei Kunden führten, fragen sich nun viele: Warum haben die Schweizerische Nationalbank und die Aufsichtsbehörden nicht schon deutlich früher in die wankende Bank eingegriffen?

Der plötzlich öffentliche  Zusammenbruch von Credit Suisse und die darauffolgenden Maßnahmen der schweizerischen Regierung zur Eindämmung der Ausbreitung beeinflusst nicht nur massiv den Bankensektor, sondern auch die Identität und den Ruf der Schweiz als ein diskreter Ort der Stabilität und Direktregulierung. Die Schweiz, lange Zeit unangefochtener Marktführer in der Vermögensverwaltung, bekommt Konkurrenz von Ländern wie Singapur und Luxemburg, die sicherlich einen Teil jenes unvorstellbatr großen Vermögens auffangen, welches  wegen der Krise aus der Schweiz abfließt. Durch die Übernahme der Credit Suisse durch UBS wird eine gigantischge Bank erschaffen, die doppelt so groß wie das Jahreseinkommen des Landes ist und damit einen Marktanteil von rund 30% besitzt. UBS steht schon in der Kategorie von „too big to fail“ Banken, aber die Fusion hebt sie auf eine neue Stufe: Jetzt kommen Diskussionen und Bedenken auf, ob sie eine „too big to save" Bank ist. Die Befürchtungen hinsichtlich der Stabilität des Bankensektors der Schweiz können durch ein schnelles Handeln zwar ausgeräumt werden, aber das einzigartige Versprechen und das daraus resultierende öffentliche Vertrauen absoluter Diskretion, Sicherheit und Stabilität ist  irreparabel. 

Gewinner und Verlierer nach Markenwert

Gewinnermarken

Hinter der am schnellsten wachsenden Marke Nespresso, deren beeindruckende Steigerung des Markenwerts auf den Veröffentlichungen ihrer Finanzen von Nestlé basiert, folgt Alpiq (993 Mio. CHF) mit einer Steigerung des Markenwerts um 87% im Vergleich zum Vorjahr. Der Wertezuwachs des  Stromerzeugers basiert stark auf den  hohen Energiepreisen, die alleinig den Umsatz von Alpiq im letzten Jahr fast verdoppelten. Im heimischen schweizerischen Markt vermied Alpiq hohe Gaspreise durch seine Wasserkraftinfrastruktur, während in anderen Märkten die hohen Preise an die Verbraucher weiter gegeben wurden. Trotz einer Liquiditätskrise, die eine Unterstützung durch den schweizerischen Bund erforderlich machte, verdoppelte auch der Markennewcomer Axpo (2,35 Mrd. CHF) im Jahr 2022 dank der hohen Preise den Umsatz und wurde damit ertmalig in die Top 50 aufgenommen. An der dritten Stelle der Top 10 steht das Telekomunternehmen Sunrise (1,70 Mrd. CHF, 72,7%), welches durch die Fusion mit UPC ebenfalls ihre Einnahmen verdoppelte. Im florierenden Bausektor kletterten stetig auch die Markenwerten von Holcim (3,38 Mrd. CHF) und Sika (2,47 Mrd. CHF) aufgrund besser erwarteter Einnahmen und erfolgreicher Übernahmen um 36% bzw. 24%.

Verlierermarken

An der Verlustseite steht ganz oben Barry Callebaut (Markenwert 1,08 Mrd. CHF) mit einem Rückgang des Markenwerts um 31%. Unsere Bewertungsmethodik bei B2B Lebensmittelmarken haben sich weiterentwickelt, auch der Ruf des Unternehmens wurde mit negativen Schlagzeilen über einen Salmonellenausbruch in einer belgischen Fabrik konfrontiert. Trotz der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Omega erlebte der Markenwert von Swatch (Markenwert 991 Mio. CHF, -19%) eine Schrumpfung wegen enttäuschender Nachfrage in den asiatischen Märkten. Sogar vor dem Zusammenbruch waren 2022 bereits die Folgen wiederholender Skandale bei Credit Suisse sichtbar: der Markenwert der Bank schrumpfte um 13%.

Gewinner und Verlierer nach Markenstärke Brand Strength Change (BSI)

Gewinnermarken

In Bezug auf Markenstärke verbesserte die Swiss Post (Markenwert 1,13 Mrd. CHF) ihr BSI-Ergebnis um 9,3 Punkte, was auch zu einer Steigerung des Markenwerts führte. Mit einer Verbesserung um 7,6 Punkte dank eines höheren Bewusstseins in befragten Märkten steht Glencore (Markenwert 5.67 Mrd. CHF) nun hinter Swiss Post. Zürcher Kantonalbank (Markenwert 1,14 Mrd. CHF) erlebte einen Zuwachs von 5,8 Punkten aufgrund höherer Bekanntheit und wird wahrscheinlich in diesem Jahr von dem Einbruch der Credit Suisse deutlich profitieren.

Verlierermarken

Bei den sogenannten Gewinnermarken gibt es aber auch die Verlierer. Im Pharmasektor betrifft das Lonza (Markenwert 775 Mio. CHF) und Roche (Markenwert 8,05 Mrd. CHF).Beixde Marken zeigen große Schwächungen der Markenstärke mit Verlusten an BSI um 7,6 bzw. 4,7 Punkte. Obwohl Rolex und TAG Heuer von dem Wachstum des Luxussektors profitieren, weisen die Marken Longines (-7,3), Jaeger-LeCoultre (-3,9), Omega (-3,7) und Swatch (-3,7) einen negativen Trend auf.

Nachhaltigkeit treibt definitiv den Markenwert

Die Methodik im Hintergrund

Mit den Sustainability Perception Scores (SPS) misst und verortet Brand Finance, wie aktiv und glaubwürdig der Treiber Nachhaltigkeit für die Marke in den relevanten Zielgruppen wahrgenommen wird. Da die öffentliche Aufmerksamkeit für die Verantwortung und Engagement der Marken für Nachhaltigkeit weiter zunimmt, lässt sich eine deutliche Beziehung zwischen dem SPS und dem BSI/Markenstärke erkennen. Die Punktzahlen bestehen aus den Antworten der Befragten der Originalmarktforschung Global Brand Equity Survey, die gewichtet und zusammengeführt wurden, um eine Punktzahl von 10 zu erstellen. Höhere Punktzahlen zeichnen nachhaltigere Wahrnehmungen bei den Verbrauchern und Befragten. Im Schluss ist der SPS ein Indikator dafür, wie nachhaltig eine Marke wahrgenommen wird, und für das Management ein KPI für den Grad an Nachhaltigkeit in der Marke. Um mehr über die Methodik und die Rolle der Nachhaltigkeit in die Markenstärke zu erfahren, können Sie unseren Sustainability Perceptions Index 2023 einsehen.

Sichtbare Aktionen bringen auch sichtbare Ergebnisse in der Wahrnehmung

Auf dem Podium der am nachhaltigsten wahrgenommenen Marken der Schweiz stehen die bekannten Marken Swisscom, Swiss Post , aber auch die Krankenhausmarke  Hirslanden mit Noten um 5,34, 5,30 bzw. 5,17. Im Hinblick auf Swiss Post begann das Unternehmen in diesem Jahr damit, alle Briefe und Pakete nur mit klimaneutralen E-Fahrzeugen in Bern und Zürich zuzustellen. Die Postgesellschaft setzte sich seit vielen Jahren für viele Recycling-Initiativen ein. Mit sichtbaren und konkreten Aktionen beeinflusst Swiss Post damit die Wahrnehmung von Verbrauchen und anderen Zielgruppen.

Überraschenderweise findet sich in der Nachhaltigkeits - Tabelle auch der renommierte Schokoladenhersteller Lindt, der in einem oft als sozial strittig angesehenen Sektor agiert, aber eine SPS-Punktzahl von 4,73 verzeichnet. Während konkurrierende Marken versuchen, ihre Produkte mit Fair Trade- und Biozertifikaten zu versehen, tragen Lindts Schokoladentafeln keine dieser Zertifikate, sondern das schweizerische Unternehmen entwickelte sein eigenes „Farming-Programm“ in Ländern wie Peru und Ghana, um Kakaobauern direkt zu unterstützen und positive Veränderungen in der Kakaobranche zu bewirken. Obwohl es immer noch berechtigte Kritik an den Bemühungen von Lindt gibt und grundlegende Probleme der Kakaoindustrie bestehen bleiben, tragen die Bemühungen zu einem verantwortungsvolleren Image für Lindt in einer undurchsichtigen und ungerechten Industrie bei.